Mouseover Zoom loading...

Los 374

Rainer, Arnulf

Schätzpreis:

4.000 € - 6.000 €

Zuschlagspreis:

20.000 €

Beschreibung:

Baden/Wien, geboren 1929
50,4 x 60,1 cm, R.
"Totenmaske Beethoven - Herbst", 1978. Öl auf Fotografie. In Bleistift unten rechts signiert und in schwarzer Kreide monogrammiert sowie unten links in Bleistift bezeichnet "Herbst".
Atelier des Künstler. - Privatsammlung Professor Dr. Karin von Maur, Stuttgart, ehemals stellvertretende Direktorin der Staatsgalerie Stuttgart. Dort 1986 erworben.
Ausstellung: "Vom Klang der Bilder", Staatsgalerie Stuttgart, Stuttgart 1985, Nr. 477.
"Die Totenmaske ist Dokument letzter menschlicher Expressivität. Sie ist das Abbild einer (künstlerischen) 'Attitüde', stammt von der beendeten Anstrengung des Lebens, sich noch auszudrücken. Sie ist der Abguß einer Selbstdarstellung beim Eintritt in das Unmittelbare, Gesichtslose. Die Welt der Unersichtlichkeit ist aber in uns präsent, denn das Unsichtbare ist der Untergrund jeder Kunst, ist dialektischer Kontrast zu unserem ausdruckshaften Wesen, eindruckssuchenden wachen Leben. In meiner Totenmaske kommen direkt (und indirekt als Metapher) spirituelle und gestalterische Prinzipien zum Tragen, die für mein Werk (im Laufe seiner Entwicklung) wichtig wurden: Auslöschung, Abwendung, Tabuberührung, clownesker Übermut, das Quasi-sakrale, die Entrückung, Sterneneugier, Totenmystik usw.
Zu allen meinen Fotoüberarbeitungen trieb mich eine Suche nach der Identifikation, Selbstverwaltung, Dialog, Einführung; zumindest war es Neugier, Kommunikationsversuch, Zwiesprache mit den Geistern der Verstorbenen ist ein altes schamanistisches Ritual ... Nach 10 Jahren verkrampfter Selbstdarstellung berührte mich vor allem die mimisch-physiognomische Sprache dieser Gesichter: das Hinübergeglittene und Gelittene, das Interesse- und Affektlose im Ausdruck. ... Das Antlitz des Lebens, Ausgelittenen, Leidbefreiten, des Abgekämpften, des Befriedeten, des Abwesenden; das Schreckliche und Erlöste erschien hier ...
Ein Hauptwerk ist nicht möglich, sieht man davon ab, daß der reale Tod ein Ereigniswerk sein kann. Er gibt ganz allgemein, als aufgetauchter dialektischer Hintergrund, jedem fragmentarischen Lebenswerk Endgültigkeit, jedem fertigen Bild fragmentarischen Charakter ...
Seine Physiognomik läßt uns das lebendige Gesicht besser erfassen. Totengesichter qualifizieren das vergangene Leben. Sie sind ein Tabu. Wir ertragen sie nur verwischt, verklärt durch unsere Kultur ..." (Arnulf Rainer, 'Rein-Rein-Schein-Sein', 1978). Karin von Maur (Hg.), "Vom Klang der Bilder", München 1985, S. 302f.